Durch mandat für entscheider die nachhaltigkeitswende beschleunigen

Wir können (und wollen) nicht die Augen davor verschließen: in diesem Jahrhundert dreht sich alles um die Nachhaltigkeit. Und das gilt ganz besonders für unsere Branche, in der saubere Rohstoffe und die Reduktion der CO_2-Emissionen immer wichtiger werden. Wir kommen aber (noch) nicht schnell genug voran. In der Praxis stellen wir fest, dass es viele Hindernisse gibt, die echter Innovation im Wege stehen. Die Kluft zwischen den Entscheidungsträgern und Unternehmern ist zu groß. Die Nachhaltigkeitswende wird von einer Vielzahl von Rechtsvorschriften und Normen ausgebremst und unnötig erschwert.

Innovationsbremse

Wie unser Name schon sagt: Beton ist unser Metier. Etwa 8 % der weltweiten CO₂-Emissionen werden von der Zementindustrie verursacht. Dieser Anteil kann und muss reduziert werden. Nachhaltigkeitsbestrebungen dieser Art können aber nur gelingen, wenn sie sowohl durchführbar als auch bezahlbar sind. In den Niederlanden wird viel getan, um die angestrebte Kursänderung zu realisieren. Es wurde ein Betonpakt geschlossen, der Roadmaps, Methoden, Beihilfen und ein neues Instrumentarium vorsieht, und es gibt Pläne, die Anforderungen bei der Auftragsvergabe zu verschärfen. Aber trotz all dieser positiven Pläne und Ambitionen – eine der bekannten Stärken der typisch niederländischen Konsenskultur – droht dies alles in eine Sackgasse zu laufen. Denn die Innovation wird momentan ausgebremst, weil wir uns zu sehr auf Vorschriften stützen. Kaum zeichnet sich ein Problem ab, wird oft schon ein Gericht bemüht. Diese einseitige Fokussierung auf die Rechtmäßigkeit wirkt lähmend. Die Gerichte überprüfen neue Techniken und Lösungen per definitionem nur an bestehenden Rechtsvorschriften und Regeln, was immer wieder zur Stagnation führt.

Zweckmäßigkeit als Schlüssel für die Nachhaltigkeitswende

Wenn wir unsere Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen, müssen wir den Fokus auf die Zweckmäßigkeit verschieben: was funktioniert in der Praxis, und was leistet letztlich den größten Beitrag zur Nachhaltigkeit? Das ist aber wie gesagt nur möglich, wenn die Entscheidungsträger das Mandat erhalten, im Falle von Interessenkonflikten und hinderlichen Gesetzen eigene Abwägungen zu treffen. Wenn ihnen dieser Spielraum eingeräumt wird – sodass sie beispielsweise neuen, großen Chancen Vorrang gegenüber den bestehenden Normen einräumen können – lassen sich Innovationen häufiger und schneller realisieren. Die Unternehmer können sich dann nämlich von Anfang an darauf verlassen, dass sie keine Strafverfolgung befürchten müssen oder in allerlei Verfahren verwickelt werden.

Beton nach Leistung

Ein gutes Beispiel für eine solche andere Vorgehensweise ist die neue Beurteilungssystematik „Beton op prestatie“ (Beton nach Leistung), die sicherstellen soll, dass neue Lösungen für die Betonherstellung nicht in erster Linie anhand heutiger Standards und Normen bewertet werden, sondern anhand der faktischen Leistungsanforderungen. Eine landesweite Arbeitsgruppe, in der sich auch die Betonbranche selbst intensiv engagiert, bereitet diese neue Systematik momentan vor. Als Ergebnis dieses Prozesses können und werden die Betonhersteller und Bauunternehmen auch im Zuge ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen Innovationen durchführen. Denn sie wissen, dass sie nicht gegen Gesetze verstoßen, auch wenn sich vielleicht noch nicht gleich für jeden Aspekt eine Norm definieren lässt.

Nachhaltiger Beton der dritten Generation

Diese Art von Entwicklungen begrüßen wir bei Bosch Beton sehr. Wir sind vollauf bereit für pragmatische Weiterentwicklungen und die Erprobung neuer Techniken. Und die sind sehr vielversprechend! Wir können jetzt schon zum selben Preis Stützwände liefern, die weitaus nachhaltiger sind als ihre Vorgänger. Als Unternehmen sind wir schon seit einiger Zeit dabei, Schritt für Schritt auf zementfreien Beton und 100 % kreislauffähige Stützwände umzustellen. Inzwischen haben wir den nächsten Schritt unternommen, und so können wir im Februar unseren nachhaltigen Beton der dritten Generation präsentieren. Diese neue Variante, die auf einer verbesserten Betonmischung mit 50 % weniger Portlandzement basiert, setzen wir künftig standardmäßig bei allen Aufträgen im Infrastrukturbereich ein.

Gemeinsam tatkräftig beschleunigen

Die Einführung einer neuen Generation von nachhaltigem Beton ist für uns endgültig der Auftakt zur Entwicklung vollständig zementfreier konstruktiver Stützwände. Versuchsweise setzen wir heute schon an einigen Bahnhöfen zementfreie Geopolymerwände ein. Die ersten Prototypen sind fertig, aber ein vollwertiger Produktionsprozess, in dem 100 % zementfreie konstruktive Stützwände aus selbstverdichtendem Beton entstehen, existiert noch nicht. Das ist aber unser Ziel. Hierfür wird noch mehr Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Betonzuschlagstoffe benötigt, aber auch mehr Spielraum für die Erprobung und Entwicklung neuer Lösungen. Ein entsprechend umfassenderes Mandat für die Entscheidungsträger wäre auch hier eine enorme Hilfe. Wenn die Welten der Entscheider und Unternehmen näher zusammenrücken, kommen wir gemeinsam tatkräftig und pragmatisch voran. So werden Innovationen schneller realisiert und bessere Lösungen entwickelt, und so können wir einen echten Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Und das ist dringend nötig. Denn wir brauchen die Nachhaltigkeitswende jetzt, nicht erst in 30 Jahren!